Die Russophobie ist der vergebliche Versuch, den Niedergang der USA und Europas zu verbergen

von Finian Cunningham, 13.02.2018

Es ist eine uralte Technik der Staatskunst, Einheit dadurch zu erreichen indem man einen externen Feind oder eine Gefahr erzeugt. Russland ist wieder einmal die Schwarze Bestie, so wie während des Kalten Kriegs als Teil der Sowjetunion.

Aber die Wahrheit ist, dass die westlichen Staaten durch interne Probleme herausgefordert sind. Pikanterweise beschleunigen die westlichen Regierungen nur ihren eigene Niedergang, indem sie ihre eigenen demokratischen Herausforderungen verleugnen.

Russophobie – „Russland ist an allem schuld“ – ist der kurzfristige und vergebliche Versuch, den Tag der Abrechnung aufzuschieben, wenn wütende und informierte Bürger des Westens aufgrund ihrer berechtigten Sorgen eine demokratische Wiederherstellung einfordern werden.

Das dominante „offizielle“ Narrativ aus den USA und Europa lautet, dass das „tückische“ Russland „Zwietracht sät“, „demokratische Institutionen aushöhlt“ und „das öffentliche Vertrauen“ in die Regierungssysteme, die Glaubwürdigkeit der politischen Parteien und die Nachrichtenmedien „untergräbt“.

Diese Sichtweise hat seit der Wahl von Donald Trump 2016 einen Gang zugelegt, mit den Anschuldigungen, der Kreml hätte irgendwie „Einflusskampagnen“ veranstaltet , um ihn ins Weiße Haus zu bringen. Dieses aberwitzige Seemannsgarn widerspricht dem gesunden Menschenverstand. Und ihnen geht das Garn aus, um es weiterzuspinnen.

Es ist seltsam, obwohl Präsident Trump diese zweifelhaften Vorwürfe über eine „Russiagate“-Einmischung zu recht als „Fake News“ zurückgewiesen hat, hat er bei anderen Gelegenheiten sich selbst untergraben, indem er den Gedanken äußerte, Moskau würde einen Feldzug zur „Subversion gegen die USA und ihre europäischen Verbündeten“ planen. Man sehe sich nur die von ihm unterzeichnete National Security Strategy vom Dezember an.

Es ist krank, aber in der politischen Klasse des Westens ist es zu einem indoktrinierten Glauben geworden, dass die „heimtückischen“ Russen den „Kollaps“ westlicher Demokratien vorhaben, indem sie „Desinformation zu einer Waffe machen“ und mit ihren russischen Nachrichtensendern wie RT und Sputnik „Fake News“ verbreiten.

Wie im Totalitarismus scheint es unter den Figuren der Politik und der Medien keinen Raum für intelligenten Widerspruch zu geben.

Die britische Premierministerin Theresa May hat sich eingeklinkt und beschuldigt Moskau der „Aussaat von Spaltung“. Der holländische Geheimdienst behauptet, Russland habe die US Präsidentenwahl destabilisiert. Der EU-Kommissar für Sicherheit, Sir Julian King verunglimpft im Vorübergehen russische Medien als „Kreml-orchestrierte Desinformation“, die den Block aus 28 Staaten destabilisiere. Der CIA-Chef Mike Pompeo hat vor kurzem gewarnt, Russland unternehme verstärkt Anstrengungen, die Kongresswahlen Ende des Jahres zu beeinträchtigen.

Dieses Narrativ ist endlos: Westliche Staaten seien im Grunde Opfer eines bösen russischen Anschlags, der einen Kollaps erzeugen soll.

Eine besonders anschauliche Präsentation dieser Technik liefert ein Kommentar des texanischen Abgeordneten Will Hurd. In seinem Artikel mit dem Titel „Russland ist unser Gegner“, behauptet er: „Russland untergräbt durch die Ausnutzung der Spaltung der Nation unsere Demokratie. Um sie zu retten müssen die Amerikaner mit einer Zusammenarbeit beginnen.“

Der Abgeordnete Hurd versichert: „Russland hat ein klares Ziel: das Vertrauen in unsere demokratischen Institutionen zu untergraben … Zu diesem Zweck wurde in Ost- und Zentraleuropa seit Jahrzehnten Desinformation als Waffe verwendet; 2016 wurden auch Westeuropa und Amerika aggressiv aufs Korn genommen.“

Bedauerlicherweise werden dieses Vorwürfe mit geringen, wenn überhaupt, überprüfbaren Beweisen vorgebracht. Es ist ganz einfach die Technik der endlosen Wiederholung einer Großen Lüge, bis sie sich in eine „Tatsache“ verwandelt.

Es ist aufschlussreich, den Ausführungen des Abgeordneten Hurd weiter zu folgen.

Er behauptet: „Wenn die Öffentlichkeit das Vertrauen in die Medien verliert, dann gewinnen die Russen. Wenn die Presse gegenüber dem Kongress überkritisch ist… dann gewinnen die Russen. Wenn der Kongress und die allgemeine Öffentlichkeit sich widersprechen… dann gewinnen die Russen. Wenn es zwischen dem Kongress und der Exekutive (dem Präsidenten) Reibereien gibt, was zu einer weiteren Erosion des Vertrauens in unsere demokratischen Institutionen führt, dann gewinnen die Russen.“

Als vermeintliche Lösung schlägt der Abgeordnete Hurd „eine nationale Strategie zur Gegen-Desinformation“ gegen russische „Einflussoperationen“ vor und fügt hinzu: „Amerikaner müssen damit aufhören, zu einem zerstörerischen politischen Umfeld beizutragen.“

Letzteres ist eine gruselige Befürwortung einer Uniformität, die auf einen Polizeistaat hinausläuft, in welchem jeder Dissens oder jede Kritik zu einem „Gedanken-Verbrechen“ wird.

Es ist jedoch dieses anti-demokratische und paranoide Denken westlicher Politiker –unterstützt und angefeuert von pflichtbewussten Medien – das die Demokratie von innen heraus tötet, und nicht irgendein angeblicher, äußerer Feind.

Es gibt offensichtlich in den westlichen Staaten ein Gespür für den Niedergang von Autorität und Legitimität, auch wenn die wahren Ursachen für diesen Niedergang ignoriert oder geleugnet werden. Regierungssysteme, Politiker aller Couleur und Institutionen wie die etablierten Medien und die Geheimdienste werden von der Öffentlichkeit zunehmend verachtet und misstraut.

Wer hat Schuld an diesem Verlust an politischer und moralischer Autorität? Westliche Regierungen und Institutionen sollten einmal in den Spiegel schauen.

Die andauernden und verbrecherischen Kriege, die die USA und ihre europäischen NATO-Verbündeten rund um den Planeten seit zwei Jahrzehnten führen, sind einer der stichhaltigen Gründe, warum die Öffentlichkeit in die grandiosen offiziellen Behauptungen über eine Achtung der Demokratie und des Internationalen Rechts das Vertrauen verloren hat.

Die Medien in den USA und in Europa haben sträflich ihre Pflicht verletzt, die Öffentlichkeit sorgfältig über die kriegerischen Intrigen ihrer Regierungen zu informieren. Nehmt das Beispiel Syrien. Wann bekommt der Durchschnitts-Westler in westlichen Medien jemals zu lesen, wie die USA und die NATO-Alliierten dieses Land mit der Bewaffnung von terroristischen Stellvertretern heimlich verwüstet haben?

Wie kann man dann von ordentlich informierten Bürgern erwarten, dass sie Achtung vor so einer kriminellen Politik und den mitschuldigen Medien haben, die ihre Verbrechen decken?

Die Entfremdung der westlichen Öffentlichkeit von ihren Regierungen, Politkern und Medien kommt sicher auch durch die groteske Kluft bei der sozialen Ungleichheit und der Armut der Bürger, durch das sklavische Festhalten an einer Wirtschaftspolitik, die die Reichen bereichert, während die überwiegende Mehrheit einer erbarmungslosen Austerität unterworfen wird.

Die destabilisierende Wirkung auf Gesellschaften durch unterdrückerische ökonomische Bedingungen ist eine weitaus plausiblere Ursache für die Klagen, als die hanebüchenen Behauptungen der politischen Klasse über eine angebliche „russische Einmischung“.

Dennoch suhlen sich die westlichen Medien in ihrer fantastischen Realitätsflucht „Russiagate“, anstatt sich mit den echten sozialen Problemen auseinanderzusetzen, vor denen die einfachen Bürger stehen. Kein Wunder, dass solche Medien mit Verachtung und Misstrauen gestraft werden. Und wie zum Hohn wollen diese Medien, dass die Öffentlichkeit glauben soll, Russland sei der Feind?

Anstatt die echten Gefahren für ihre Bürger anzuerkennen und anzusprechen: Wirtschaftliche Unsicherheit, ein bröselndes Bildungs- und Gesundheitssystem, verschwundene Aufstiegsmöglichkeiten für die zukünftigen Generationen, die drohenden Gefahren einer ökologischen Katastrophe, von westlichen Regierungen ausgelöste Kriege, die die internationale Diplomatie zerstören und so weiter – die Öffentlichkeit im Westen wird zum Hohn mit abgeschmackten Märchen über „bösartigen Einfluss“ Russlands und „einem Anschlag auf die Demokratie“ an der Nase geführt.

Denkt nur mal an das unverhältnismäßige Ausmaß an Medienaufmerksamkeit und öffentlichen Ressourcen, die im letzten Jahr auf den Russiagate-Skandal verschwendet wurden. Und jetzt kommt schrittweise der wahre Skandal ans Tageslicht, dass das amerikanische FBI wahrscheinlich mit der Obama-Regierung gemeinsame Sache machte, um den demokratischen Vorgang gegen Trump zu korrumpieren.

Ich wiederhole: Ist es da ein Wunder, dass die Öffentlichkeit nur noch Verachtung und Misstrauen gegenüber jenen „Autoritäten“ hat, die nackte Lügen verbreitet haben und uns zum Narren halten?

Der einstürzende Zustand westlicher Demokratien hat nichts mit Russland zu tun. Die Russophobie, Russland für den Niedergang der westlichen Institutionen verantwortlich zu machen, ist der Versuch, einen Prügelknaben für die sehr echten Probleme zu finden, vor denen Regierungen und Institutionen wie die Nachrichtenmedien stehen. Diese Probleme sind hausgemacht und sind aufgrund ihres chronisch antidemokratischen Wesens Eigentum jener Regierungen. Und auch wegen der systematischen Verstöße gegen das Völkerrecht bei der Verfolgung von verbrecherischen Kriegen und anderen Ausflüchten für Umstürze.

(Wir bedanken uns bei FritztheCat für die Genehmigung, diesen Beitrag veröffentlichen zu dürfen.)

Originalbeitrag: ►►►  https://www.theblogcat.de/uebersetzungen/finian-cunningham-13-02-2018/

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